Nach dem zweiten Weltkrieg musste die Bevölkerung mit Essen versorgt werden. Ein wichtiger Teil dieser Bestrebungen im heutigen Mecklenburg-Vorpommern war der Aufbau der Fischerei. In der Ostsee konnte man ernten ohne zu säen. Für diese Ostseeernte wurde eine große Schiffsserie bei vielen Werften in der Region aufgelegt - der 17 m Kutter Typ D. 1949 wurde das VEB Fischkombinat Saßnitz gegründet. Um den Kutterbau zu beschleunigen, rief das Fischkombinat einen Wettbewerb zum besten und schnellsten Bau eines 17 m Kutters aus.

Panorama Maritim Nr. 21, 1987

An diesem Wettbewerb nahm die Buchholz'sche Werft in Greifswald mit der Storkow teil. In einem halben Jahr, vom Sommer 1949 bis zum Winter 1949/1950, wurde von der Belegschaft der Fischkutter Storkow fertig gestellt, der Wettbewerb gewonnen und die Wettbewerbsprämie von 6000 DM erhalten. Es ging nicht nur um den schnellsten Kutterbau, sondern auch um den besten. Vielleicht ist das einer der Gründe, wieso die Storkow bis heute durchhielt, während schon dutzende baugleiche Kutter untergingen oder abgewrackt wurden. Das obige Bild zeigt den Bau eines 17 m Kutters auf der Boddenwerft Damgarten.

BArch, Bild 183-26956-0024 / Schaar, Helmut

Die 17 m Kutter sind aus Eiche gebaute Seeschiffe - für den Einsatz in den widrigen Bedinungen der Ostsee. Das Bild zeigt SAS 183 / BAUTZEN am 5. Oktober 1954. Rund 140 dieser Kutter wurden gebaut. Fischereischiffe haben in Deutschland immer ein Fischereikennzeichen, das aus einem Kürzel für den Heimathafen und einer Nummer besteht. SAS steht für Saßnitz, WAR für Warnemünde, WOL für Wolgast, KAR für Karlshagen usw. Von Anfang an trugen die 17 m Kutter auch einen Namen. Im Fischereidienst stand der Name am Heck und das Fischereikennzeichen am Bug. Seit dem ausschneiden aus der Fischerei ist der Name auch am Bug zu sehen.

Alle 17 m Kutter wurden über das Fischkombinat Sassnitz in Betrieb genommen, mit den Nummern SAS 60 bis SAS 198, also 138 Kutter. 1950 kam die Storkow als SAS 133 nach Sassnitz.

Panorama Maritim Nr. 21 1987

Während ihres Einsatzes für die DDR durchliefen die 17 m Kutter eine Reihe von Modernisierungsstufen. Anfangs hatten die Kutter nur ein kleines Deckshaus, wie man es hier bei SAS-87 ERKENNTNIS sieht. Das Schiff wurde am 26. März 1949 auf der Boddenwerft Damgarten zu Wasser gelassen.

Recht schnell wurden die Kutter dann modernisiert und überarbeitet. Auf dem Bild sieht man, wie am 18.11.1954 eine Leine von SAS 150 / HIDDENSEE zu SAS 183 / BAUTZEN geworfen wird. Schon etwa 5 Jahre nach ihrer Indienststellung wurden die Deckshäuser erweitert, das Deckshaus ist deutlich größer als beim vorheringen Bild zu sehen. Anfangs waren Motoren von Buckau-Wolf verbaut, die Instandhaltungsbetriebe weigerten sich aber teilweise Ende der 50er Jahre, diese weiter zu warten, wohl weil diese so langsam veraltet waren und Ersatzteile nicht so gut verfügbar waren. Daher und auch um Leistung und Effizieny zu steigern wurden auch die Motoren modernisiert und Einheiten vom VEB Schwermaschinenbau Karl Liebknecht (SKL) verbaut.

Die Leine wird auf dem Bild zwischen den Kuttern übrigens übergeworfen, weil die 17 m Kutter oft in Paaren in der Tuckfischerei eingesetzt wurden. Dazu fuhren die Kutter parallel und schleppten das Netz zwischen den beiden Schiffen.

1959 wurde die Storkow dann von Sassnitz nach Karlshagen verlegt. Im heutigen Mecklenburg-Vorpommern wurden Fischereifahrzeug- und Gerätestationen (FGS) gegründet. Von diesen FGS konnten die Fischer Fischkutter und Ausrüstung mieten. Zu diesem Zeitpunkt waren die meisten Fischer in Fischereiproduktionsgenossenschaften (FPG) organisiert. Die Storkow wurde als von Sassnitz zur FGS Wolgast verlegt. Die FGS Wolgast überließ dann gegen Zahlung von Geld die Storkow der FPG in Karlshagen. Da die FGS ihren Sitz in Wolgast hatte, bekam die Storkow das Fischereikennzeichen WOLGAST 90, WOG 90. Sie war aber ab 1959 in Karlshagen stationiert.

Ende der 60er Jahre wurden die Kutter dann von den FGS auf die FPG übertragen.

Da der Rechtsträger der Storkow nun nicht mehr die FGS in Wolgast war sondern die FPG in Karlshagen, bekam die Storkow nun das Fischereikennzeichen KARLSHAGEN 31, KAR 31.

Hier sieht man die Storkow um 1983 im Hafen Karlshagen.

Jahrzehntelang waren die 17 m Kutter dann in allen Häfen Mecklenburg-Vorpommerns präsent. Hier sieht man den Hafen Sassnitz mit mehreren 17 m Kuttern, darunter SAS 101 / SAS 72 / ANTON SAEFKOW.

BEBUG Verlage / Bild und Heimat, Berlin

Mit der Wiedervereinigung Deutschlands wurde die FPG Karlshagen in die Fischereigenossenschaft (FG) Karlshagen umgewandelt. Die Storkow bekam das erste Mal Papiere der Bundesrepublik.

Da der politische Wille fehlte, die Fischereibetriebe in Mecklenburg-Vorpommern zu erhalten, gingen die Betriebe bald den Bach runter. Hierbei spielten auch schon damals die nachvollziehbaren Überlegungen eine Rolle, den Fischfang in der Ostsee wegen der zurück gehenden Fischbestände zu minimieren.

Die FG Karlshagen hatte wirtschaftlich keinen Bestand und so wurde die Storkow 1992 erstmals an eine Privatperson verkauft, Michael Arnold aus Mölschow versuchte zwei Jahre lang, das Schiff in der Fischerei zu betreiben. Auch der Einzelbetrieb war wohl wirtschaftlich unter den damaligen Bedingungen nicht machbar, so dass die Storkow 1994 weiter verkauft wurde, an Albrecht Schneider aus Rostock. Vor rund 30 Jahren beginnt also die Geschichte der Storkow in Rostock.

Ab 2000 betreiben Thomas Harm und Lothar Schlicker die Ostsee Angel-Touristik-GbR, erwerben die Storkow und führen Angelfahrten durch. Der Liegeplatz ist in Rostock Schmarl.

Hier sieht man sie am 29.5.2015 einlaufen Warnemünde Neuer Strom.

und hier noch einmal am 8.6.2015

Holzschiffe bedürfen einer regelmäßigen Wartung. Seit 2018 gab es keinen Werftaufenthalt mehr. Ein Holzschiff, was sich selbst überlassen wird, sinkt früher oder später. Ich konnte diesen Zustand nicht länger mit anschauen und übernahm die Storkow im November 2025.

Sie liegt nun im Stadthafen Rostock, vor der sogenannten Hafencity.

Um 2018 lief dann die Klasse der Storkow ab, das ist so etwas wie die Hauptuntersuchung für Schiffe. Die Storkow wurde aufgelegt (vorübergehend stillgelegt). 2022 wurde sie dann an Jens Pörksen verkauft, der Liegeplatz war nun im Stadthafen Rostock. Dort wurde die Storkow sich selbst überlassen und befand sich in einer Periode des Verfalls.